Bakterien unterschiedlichster Arten leben meist zu Abermillionen auf kleinstem Raum zusammen. Da bleibt ein Kampf um Platz und Ressourcen nicht aus. Um sich zu behaupten, setzen einige Bakterien auf eine molekulare Harpune, mit der sie ihre Widersacher wortwörtlich ausstechen. Eines dieser Bakterien ist Pseudomonas aeruginosa. Es ist in der Umwelt weit verbreitet, gilt aber auch als Problemkeim in Spitälern.
Pseudomonas kann in friedlicher Coexistenz mit anderen Mikroben leben. Wird es jedoch von artfremden Bakterien mit einer Nano-Harpune angegriffen, baut es in Sekundenschnelle seine eigene zusammen. Mit diesem sogenannten Typ VI Sekretionssystem (T6SS) injiziert es dem Angreifer seinen eigenen tödlichen Giftcocktail. Wie aber kann Pseudomonas überhaupt zurückschlagen, wenn es zuvor schon selbst eine Giftspritze vom Gegner abbekommen hat? Eine Antwort hat das Team von Prof. Marek Basler am Biozentrum der Universität Basel gefunden und nun im Fachjournal «Nature Communications» veröffentlicht.
Angriff aktiviert Notfallprogramm
Der tödliche Cocktail besteht aus einem Gemisch aus toxischen Proteinen, die verschiedene Stellen in den Bakterien angreifen. Dazu gehören Enzyme, die die Zellmembran beschädigen oder die schützende Zellwand zerstören. Wieder andere bauen die Erbsubstanz ab. «Diese toxischen Proteine richten sich in der Regel gegen viele lebenswichtige Prozesse und Zellstrukturen», sagt Alejandro Tejada-Arranz, Erstautor der Studie.«Pseudomonas verfügt jedoch über Gegenmittel, die das Giftgemisch unschädlich machen.» Nach einem Angriff kann sich Pseudomonas deshalb der Wirkung des Gifts entziehen und zum Gegenangriff ansetzen.
Gegenüber Toxinen von nahen Verwandten sind Bakterien generell immun. Bei T6SS-Attacken von artfremden Bakterien hingegen aktiviert Pseudomonas ein Notfallprogramm, das innert kürzester Zeit vielfältige Schutzmassnahmen einleitet. «Es kommt zu konzertierten Aktionen, die alle darauf abzielen, dass entstandene Schäden repariert und toxische Proteine abgefangen werden», so Tejada-Arranz. «So greifen die Bakterien auf ein Membranprotein zurück, welches die beschädigte äussere Zellhülle stabilisiert.» Die Bandbreite an Massnahmen macht Pseudomonas widerstandsfähig gegenüber den verschiedenen Toxinen seiner Angreifer. Seine Fähigkeit sich in Bakteriengemeinschaften durchzusetzen, könnte möglicherweise auch eine Rolle bei problematischen Infektionen spielen.