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16. Februar 2022

Hitzestress verkürzt Lebenszeit von mRNA-Molekülen

Mit einer neu entwickelten Methode ist es dem Team von Prof. Attila Becskei vom Biozentrum der Universität Basel gelungen, die Lebensdauer von mRNAs bei Stress exakt zu bestimmen. Dabei fanden sie heraus, dass mRNAs mit steigenden Temperaturen schneller abgebaut werden. Bis zu einem gewissen Grad ist die Zelle in der Lage diesen Effekt zu kompensieren. Das Wissen, wie sich mRNAs verhalten und wie sich ihre Lebenszeit beeinflussen lässt, hilft dabei, mRNA-basierte Impfstoffe zu optimieren.

Die Lebensdauer von mRNA-Molekülen (rote Punkte) in der Zelle sinkt mit steigendenden Temperaturen.

Mit der Corona-Pandemie und den neuartigen Impfstoffen ist die mRNA in den Blick der Öffentlichkeit geraten. mRNAs sind Abschriften der DNA. Sie dienen als Vorlage für die Herstellung von Proteinen und werden nach einer gewissen Zeit abgebaut. Schon seit mehr als zwanzig Jahren beschäftigen sich Forschende damit, diese Moleküle zur Behandlung von Krebs einzusetzen. Eine grosse Hürde bei der Entwicklung von mRNA-basierten Therapien ist jedoch die meist sehr geringe Stabilität der Moleküle. Um wirksam zu sein, dürfen sie nicht zu langsam und nicht zu schnell in der Zelle abgebaut werden. 

Schnellerer mRNA-Abbau bei hohen Temperaturen

Mit dem Abbau von mRNA-Molekülen in der Zelle und ihrer Stabilität setzt sich Prof. Attila Becskei vom Biozentrum der Universität Basel seit Jahren intensiv auseinander. In einer früheren Studie konnte Becskei in Hefen zeigen, dass mRNAs nur eine sehr kurze Lebensdauer von wenigen Minuten haben. Diese Arbeit hat das Team nun weitergeführt. «Die Lebensdauer einer mRNA, auch als Halbwertzeit bezeichnet, nimmt mit zunehmender Temperatur kontinuierlich ab», erklärt Becskei. «Der Temperaturanstieg führt zu schnelleren biochemischen Reaktionen und damit zu einem beschleunigten Abbau von mRNAs in der Zelle.» Doch es gibt auch Ausnahmen, so können mRNAs, aus denen keine Proteine hergestellt werden, auch bei höheren Temperaturen eine verlängerte Halbwertzeit aufweisen. 

Forschende klären Kontroverse um mRNA-Halbwertzeit

Bisher waren die Ergebnisse zur Halbwertzeit von mRNAs bei Stress wie Hitze sehr widersprüchlich. Einige Forscher postulierten, dass mRNAs bei steigenden Temperaturen länger in der Zelle überdauern, da die abbauenden Enzyme unter diesen Bedingungen nicht mehr richtig arbeiten. Dass dem nicht so ist, konnte Becskei mit einer neuen minimal-invasiven Methoden nachweisen. «Die Messungen an sich bedeuten schon Stress für die Zelle, die deshalb ihre mRNAs langsamer abbaut», so Becskei «Dies überdeckt den Temperatureffekt und verfälscht das Ergebnis. Einige Vorstellungen müssen wohl revidiert werden, denn mit vielen gängigen Methoden lässt sich keine korrekte Aussage über die Stabilität einer mRNA treffen.»

Zelle kann beschleunigtem Abbau entgegenwirken

Es gibt aber auch einige mRNAs, die selbst bei höheren Temperaturen noch stabil sind, also weniger schnell in der Zelle abgebaut werden als der Durchschnitt. Dabei spielt ein Protein eine Rolle, welches bei normalen Temperaturen fehlerhafte mRNAs aussortiert. «Bei höheren Temperaturen schützt eben jenes Protein insbesondere solche mRNAs vor einem beschleunigten Abbau, die für den Bau der Zellhülle und die Proteinfabriken wichtig sind», erklärt Becskei. Dieser Mechanismus kann den mRNA-Umsatz bei schwankenden Temperaturen bis zu einem gewissen Grad konstant halten und schützt die Zelle vor den negativen Folgen von Hitzestress. Aber auch die Zusammensetzung der mRNA-Moleküle beeinflusst die Abbaurate und somit ihre Lebensdauer.

mRNA-basierte Impfstoffe optimieren

Für eine optimale Wirkung spielt das Design von mRNA-Impfstoffen eine wichtige Rolle. Dafür braucht es geeignete und vor allem exakte Methoden, mit der sich die Eigenschaften von mRNAs messen lassen. «Die mRNAs müssen für ihren Einsatz als Impfstoff modifiziert werden, damit die Zellen daraus genügend Proteine herstellen», sagt Becskei «Andererseits müssen die mRNAs auch wieder vollständig abgebaut werden, damit sie nicht zu viele Proteine entstehen.» Becskei’s Team liefert mit der aktuellen Arbeit eine verlässliche Messmethode, die dabei helfen könnte, mRNAs optimal zu designen und letztendlich wirksame Impfstoffe herzustellen sei es gegen Infektionskrankheiten, Krebs oder Demenz. 

Originalpublikation:
Vincent Jaquet, Sandrine Wallerich, Sylvia Voegeli, Demeter Túrós, Eduardo C Viloria, Attila Becskei. Determinants of the temperature adaptation of mRNA degradation. Nucleic Acids Research; published online 25 January 2022

Kontakt: Kommunikation, Katrin Bühler