Angefangen von den Fingern unserer Hände bis hin zu Flügeln eines Insekts, muss der Körper unterschiedlicher Lebewesen verschiedenste Formen an Gliedmassen in richtiger Grösse bilden. Morphogene sind Signalmoleküle, die dem Organismus während der Entwicklung die benötigten Informationen dazu liefern. Dank ihnen erhalten Hände oder Flügel immer eine ähnliche Grösse und Form.
Das Team von Prof. Markus Affolter am Biozentrum, Universität Basel, untersucht seit vielen Jahren, wie das Morphogen Dpp das Flügelwachstum der Fruchtfliege Drosophila melanogaster steuert. In ihrer aktuellen Arbeit, veröffentlicht im Fachjournal «Developmental Cell», zeigen die Forschenden nun, dass Dpp nicht allein, sondern im Doppelback mit einem weiteren Morphogen agiert.
Morphogene im Duett
Mithilfe von synthetischen Rezeptoren fanden sie heraus, dass das Morphogen Gbb zusätzlich involviert ist, wenn es darum geht, dem Flügel sein richtiges Muster und seine Form zu verleihen. Dabei liegen die beiden Proteine nicht einfach nur nebeneinander im Gewebe vor, sondern gehen eine enge Verbindung miteinander ein. «Durch gezielte Veränderungen der Gene und Proteine konnten wir die beiden Morphogene im Gewebe verfolgen und zeigen, dass die Dpp und Gbb in der Fliege immer gemeinsam, also im Duett auftreten», erklärt Gustavo Aguilar, Erstautor der Studie. «Stört man diese Verbindung, so ist die Musterung des Flügels defekt.»
Analoges Konzentrationsgefälle
Zudem konnten die Forschenden nachweisen, dass die beide Morphogene Dpp und Gbb auch im Gewebe miteinander ein Konzentrationsgefälle ausbilden. Während sie im Zentrum, an der Quelle des Wachstums, in hoher Konzentration vorliegen, ist die Konzentration in der Peripherie des Flügels gering. Dieser Gradient spielt in der Entwicklung des Flügels eine Rolle.
Auch beim Menschen steuern eine Vielzahl an Morphogenen die Entwicklung von Organen und Gliedmassen. «Dass die Morphogenen dabei richtig zusammenspielen und korrekt orchestriert werden, ist unerlässlich», sagt Markus Affolter. Denn werden Morphogene nicht in ausreichender Menge hergestellt, kann dies zu Fehbildungen führen. «Wie die Entwicklung des Flügels gesteuert wird, lässt also auch Rückschlüsse zu, wie unsere Organe und Gliedmassen ausgebildet werden.»
Originalbeitrag:
Milena Bauer, Gustavo Aguilar, Kristi A. Wharton, Shinya Matsuda, Markus Affolter: Heterodimerization-dependent secretion of Bone Morphogenetic Proteins in Drosophila. Developmental Cell. Published online 24 April 2023.
Kontakt: Katrin Bühler und Heike Sacher, Kommunikation Biozentrum