Proteine erfüllen verschiedenste Aufgaben in Zellen, sie katalysieren Tausende von biochemischen Reaktionen, leiten Signale weiter und werden zum Aufbau von Zellstrukturen und bei Transportprozessen benötigt. In jeder einzelnen Zelle unseres Körpers werden ununterbrochen Unmengen an Proteinen hergestellt.
Das Wachstum, die Differenzierung und die Funktion von Zellen ist eng mit der Proteinsynthese, also der Übersetzung des genetischen Codes in Proteine – der Translation – verbunden. Das Team um Prof. Mihaela Zavolan vom Biozentrum hat Tausende von Genen in wachsenden Hefezellen untersucht und neue Einflussfaktoren entdeckt, die sich auf die Produktionsgeschwindigkeit der Proteine auswirken.
Proteinsynthese: vom genetischen Code zum Protein
Für die Proteinherstellung braucht es drei Hauptakteure: die mRNA, welche die genetische Information überträgt, dient als Matrize; die tRNA bringt die Proteinbausteine, die Aminosäuren, zum Ribosom und das Ribosom setzt die Aminosäuren zu einem Protein zusammen. In einer eukaryotischen Zelle gibt es Millionen von Ribosomen, die je nach Bedarf die in der Zelle benötigten Proteine herstellen. Wie auf einer Perlenkette aufgereiht, arbeiten dabei gleich mehrere Ribosomen an einem mRNA-Strang und produzieren zur gleichen Zeit die entsprechende Menge an Proteinen.
Die Translation beeinflussende Faktoren
"Wir wollten herausfinden, welche Faktoren die Syntheserate von Proteinen beeinflussen, insbesondere auf der Ebene der Elongation, also die Verlängerung der Aminosäurekette. Frühere Studien deuteten darauf hin, dass die aufgereihten Ribosomen selten zusammenstossen und so die Proteinproduktion drosseln würden", sagt Zavolan, "aber wir konnten für einen solchen Crash keinen Hinweis finden, auch nicht für mRNAs mit einer hohen Ribosomen-Dichte."
Darüber hinaus fanden die Forscher heraus, dass sowohl die Ladung der eingebauten Aminosäuren als auch die Verfügbarkeit von tRNAs einen Einfluss auf die Geschwindigkeit der Translation haben. "Dies ist zum Beispiel bei den Proteinen des Ribosoms selbst der Fall. Wir haben festgestellt, dass die positiv geladenen Aminosäuren von ribosomalen Proteinen die Geschwindigkeit, mit der die Ribosomen die entsprechenden mRNAs ablesen, deutlich senken", so Zavolan. "Diese ribosomalen Proteine sind jedoch in vielerlei Hinsicht optimiert um eine hohe Translationsgeschwindigkeit aufrechtzuerhalten, beispielsweise durch Codons für die es viele passende tRNAs gibt." Neben bereits zuvor bekannten Parametern spielen die in der Studie beschriebenen Faktoren eine wesentliche Rolle, um die Unterschiede in den Translationsraten zwischen mRNAs zu erklären.
Von sensitiven mRNAs zu Krankheiten
Die Wissenschaftler möchten nun untersuchen, ob und wie Zellen über die Kontrolle der Translation ihre Identität erhalten. Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte mRNAs empfindlicher auf Veränderungen in der Anzahl von Ribosomen in der Zelle reagieren als andere. Eine dieser mRNAs codiert für einen Transkriptionsfaktor, der an der Bildung roter Blutkörperchen beteiligt ist. "Eine Verringerung der Ribosomen-Menge, zum Beispiel durch Mutationen, beeinflusst diesen Faktor und beeinträchtigt den Reifungsprozess der roten Blutkörperchen. Die davon Betroffenen leiden deshalb an Blutarmut", sagt Zavolan. "Mit der Ausweitung unseres Ansatzes auf andere Systeme wollen wir besser verstehen, welche mRNAs besonders empfindlich auf Veränderungen in der Translation reagieren."
Originalpublikation: Andrea Riba, Noemi Di Nanni, Nitish Mittal, Erik Arhne, Alexander Schmidt, Mihaela Zavolan. Protein synthesis rates and ribosome occupancies reveal determinants of translation elongation rates. PNAS. published online July 10, 2019.
Kontakt: Kommunikation, Katrin Bühler