Interview mit Palmer Bassett
Sie ist ganz begeistert vom Mini-Wurm C. elegans – nicht nur, weil man durch ihn so viel entdecken kann, sondern auch, weil er so viele spannende Menschen zusammenbringt. Deshalb und weil sie herausfinden wollte, wie es ist, in Europa zu arbeiten, macht die Amerikanerin Palmer Basset nun ihren Master im Labor von Susan Mango.
Woher kommst du und was hast du studiert?
Ich bin in Colorado in den Vereinigten Staaten aufgewachsen und habe meinen Bachelor in Portland in Oregon gemacht. Die kleine Universität, an der ich studiert habe, hat die Philosophie, ihre Studierenden möglichst breitgefächert auszubilden, sodass sie später in ganz unterschiedlichen Bereichen arbeiten und ihre Karriere nach den aktuellen gesellschaftlichen Bedürfnissen ausrichten können. Man spezialisiert sich deshalb erst gegen Ende des Studiums. Ich habe in Mathematik und Ökosystembiologie abgeschlossen.
Wir haben zwar Doktoranden und Postdocs aus den USA, aber es ist eher ungewöhnlich, dass Leute bereits für ihren Master kommen. Was hat dich dazu bewogen?
In meinem zweiten Bachelorjahr wollte ich ein Jahr in Dakar im Senegal studieren, aber mein Auslandsaufenthalt wurde wegen Covid abgesagt. Also habe ich nach meinem Bachelor erneut nach Möglichkeiten ausserhalb der USA gesucht. Ich habe mich in verschiedenen Laboren in Europa beworben und mein damaliger PI empfahl mir Susan Mango, mit der er zusammen studiert hatte. Nach verschiedenen Vorstellungsgesprächen war mir klar, dass ihr Lab für mich am besten passte.
Du hast einen Bachelor in Ökosystembiologie und nicht in Molekularbiologie. War das ein Problem, als du dich beworben hast?
Natürlich haben sie meinen Lebenslauf überprüft, bevor ich für den Master zugelassen wurde und ich musste einige obligatorische Bachelorkurse in Molekularbiologie nachholen. Am Anfang war ich nicht gerade begeistert davon, aber dann merkte ich, dass die Kurse durchaus ihre positive Seite hatten. Für Leute wie mich ist es nicht ganz einfach, andere Studierende kennenzulernen. In der Mango Gruppe sind sonst nur Doktoranden und Postdoktoranden. Sie sind somit in einer ganz anderen Phase ihrer Karriere als ich. Von daher waren die Blockkurse super hilfreich, um andere angehende Masterstudierende kennenzulernen. Und ich war froh, dass auf Englisch unterrichtet wurde.
Worum geht es in deiner Masterarbeit?
Ich untersuche die Rolle eines bestimmten Gens, das bei der Entwicklung des Fressapparates des winzigen Wurms C. elegans beteiligt ist. Bereits in Greg Hermanns Lab in Portland forschte ich an C. elegans. Dort habe ich mir die Entwicklung des Darms angeschaut. Ich habe mich sozusagen am Körper dieses kleinen Wurms hochgearbeitet (lacht). Ich mikroskopiere viel, das passt zu mir. Schon als kleines Mädchen war ich fasziniert von kleinen Dingen und konnte sie stundenlang anschauen.
Du arbeitest also weiterhin mit demselben Modellorganismus. Was reizt dich an C. elegans?
Ich finde es super faszinierend, dass man an diesem kleinen Wurm, der nur einen Millimeter lang ist, so viel entdecken kann, was auch für den Menschen relevant ist. Dazu kommt, dass ich das Gefühl habe, dass dieser kleine Wurm viele interessante Menschen zusammenbringt und die Forschergemeinschaft einen mit offenen Armen empfängt. Das ist ein wichtiger Grund, warum ich mich dafür entschieden habe, an was und wo ich forsche.
Arbeitest du alleine oder im Team?
Ich arbeite mit einer Postdoc zusammen. Sie ist meine Betreuerin und mein Projekt ein kleiner Teil von ihrem. Da ich natürlich nicht ihr umfassendes Wissen habe, bin ich täglich mit ihr im Austausch. Mit Susan Mango treffe ich mich etwa einmal im Monat. Und dann gibt es auch noch die wöchentlichen Lab-Meetings, bei denen immer jemand seine Forschungsergebnisse präsentiert und die anderen dabei helfen Fehler zu suchen und Feedback geben.
Du besuchst auch Kurse. Wie wählst du diese aus?
Einerseits geht es darum, mein Fachwissen zu vertiefen, andererseits wähle ich aber auch Kurse ausserhalb meines Fachgebiets, die einfach interessant klingen. Ich kann selbst auswählen und bespreche es dann mit Susan und meiner Betreuerin. Ich mag Themen, die eine grössere gesellschaftliche Relevanz haben – im Moment besuche ich einen Kurs in Infektionsbiologie. Ich meine, mein Projekt fasziniert mich wirklich, aber es ist schon sehr auf ein winziges Detail fokussiert. Ich gehe auch zu den Discovery Lectures, die thematisch sehr vielfältig sind, und ich mag die anschliessenden Mittagessen mit den externen Referenten, weil man dort persönlich ins Gespräch kommt.
Wie ist die Stimmung im Labor, trefft ihr euch auch in der Freizeit?
Ja, wir treffen uns häufig in der Mittelzone unseres Stockwerks zum Mittagessen und wir gehen zum Beispiel auch gemeinsam an die Herbstmesse oder auf den Weihnachtsmarkt. Wir sitzen zu viert am Arbeitsplatz und treffen uns manchmal auch abends bei einem von uns zum Essen. Wir sind ein gutes Team und ich finde es schön, mit meinen Kolleginnen und Kollegen auch über die Arbeit hinaus Kontakt zu haben.
Wie steht es mit der Work-Life-Balance? Findest du Zeit für Hobbys?
Ja. Ich bin sehr gut organisiert. Jede Woche weiss ich ganz genau, welche Experimente ich mache und wann ich wo sein werde, sei es in den Kursen, im Labor oder bei meinem Nebenjob als Hiwi. Ohne diese Planung würde ich kaum die Zeit finden, nach draussen zu gehen, zu wandern, Fahrrad oder Ski zu fahren. Und das brauche ich, um den Kopf frei zu bekommen, um mich bei der Arbeit wieder voll konzentrieren zu können.
Du bist von den USA nach Basel gezogen. Wie war dein Start hier?
Ich bin zusammen mit meinem Partner hierhergekommen. Er ist Amerikaner mit holländischen Wurzeln und macht auch hier in der Schweiz seinen Master in Computerwissenschaften. Am Anfang konnten wir für acht Monate zur Untermiete wohnen. Das war extrem hilfreich. Wir wussten ja nichts über Basel und wie das hier funktioniert, z. B. wie man den Müll entsorgt − schliesslich haben wir in den USA keine Bebbysägge (lacht) − und wenn man niemanden hat, der einem sagt, wir machen das so und so, ist es echt schwierig. Es hat schon etwas Zeit gebraucht, bis ich mich hier zu Hause fühlte und einen Freundeskreis aufgebaut hatte, vor allem auch, weil ich kein Deutsch spreche. Es hat also etwas gedauert, bis wir wirklich angekommen sind, aber es hat funktioniert.
Und gibt es grosse Unterschiede zwischen Amerika und Europa?
Ja, und ich finde, dass der europäische Lebensstil besser zu mir passt als der amerikanische. In vielen amerikanischen Städten, auch in meiner Heimatstadt, muss man schlicht ein Auto haben. Hier fahre ich überall mit dem Fahrrad hin und auch der öffentliche Verkehr funktioniert super. Die Leute fahren mit dem Fahrrad zur Arbeit, sie gehen viel wandern und sind einfach gerne draussen. Ich bin ja auch hierhergekommen, um herauszufinden, wie es ist, in Europa zu arbeiten. Hier scheint der Fokus eindeutig stärker auf der Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben zu liegen. Ich denke, Europa ist der bessere Ort, um zu leben und zu arbeiten.
Weisst du schon, was du nach deinem Master machen möchtest?
Ich würde gerne an einem Projekt arbeiten, das eine grössere Bedeutung für die Gesellschaft hat, und ich geniesse es wirklich, Fragen auf den Grund zu gehen oder Probleme zu lösen. Von daher wäre eine Karriere in der Wissenschaft ideal. Andererseits wäre es schön, endlich regelmässig einen guten Lohn zu bekommen. Das würde wiederum für einen Job in der Industrie sprechen. Ich werde mich wohl für beides, für PhD Stellen und Stellen in der Industrie bewerben und dann schauen, was mir am meisten entspricht. Aber es ist wirklich schwierig, sich zwischen Akademie und Industrie entscheiden zu müssen.
Hast du einen Tipp für zukünftige Masterstudenten?
Eigentlich habe ich sogar zwei. Frag die Menschen in deinem Umfeld, wenn du irgendwelche Zweifel oder Fragen hast, sei es bezüglich der Kurse, des Kreditsystems, der Forschung oder was auch immer. Der zweite Tipp: Folge deinem Bauchgefühl! Wir haben dieses intuitive Entscheidungsfindungssystem in uns, hören aber oftmals nicht darauf. Aber deine Intuition weiss, was für dich am besten ist.