Navigation mit Access Keys

02. Juni 2021

Impfung lockt Salmonellen in die Falle

Forschende vom Biozentrum der Universität Basel und der ETH Zürich haben einen Impfstoff-Cocktail entwickelt, der krankmachende Salmonellen in eine Falle lockt. Die Impfung lenkt die Evolution der Darmbakterien so, dass sie ihre Virulenz verlieren und stressanfälliger werden. Diese neuartige Impfstrategie könnte die Übertragung von Krankheitserregern, die zunehmend resistent gegen Antibiotika sind, verhindern.

Salmonellen entgehen der Immunabwehr, indem sie die Moleküle an ihrer Oberfläche verändern. (Bild: Nano Imaging Lab SNI/Biozentrum)

Bei bakteriellen Infektionen sind Antibiotika immer noch das Mittel der Wahl. Durch den breiten und teilweise auch unvorsichtigen Einsatz in Medizin und Tiermast entstehen jedoch zunehmend resistente Keime, die auf eine Therapie mit Antibiotika nicht mehr ansprechen. Impfungen sind eine effiziente Strategie die Übertragung von Krankheitserregern und gleichzeitig die Entwicklung von Antibiotikaresistenzen zu verhindern. Die Schwierigkeit bei der Entwicklung von Impfstoffen ist, dass sich die Bakterien verändern und so der Wirkung einer Impfung entkommen.

Forschende unter der Leitung von Prof. Médéric Diard vom Biozentrum, Universität Basel, sowie Prof. Wolf-Dietrich Hardt und Prof. Emma Slack von der ETH Zürich haben nun einen Impfstoff gegen den Krankheitserreger Salmonella Typhimurium entwickelt, der dieses Ausweichmanöver ausnutzt. Die Impfung, so berichten sie in «Nature Microbiology», regt im Darm die Produktion eines Cocktails spezifischer Antikörper an und treibt die Salmonellen in eine evolutionäre Falle. Der Selektionsdruck durch die Antikörper lenkt die Evolution der Darmbakterien so, dass weniger gefährliche Krankheitserreger entstehen.

Impfung treibt Salmonella in eine Sackgasse

Mit ihrer Impfstrategie verfolgen die Wissenschaftler einen neuartigen Ansatz Krankheitserreger zu bekämpfen. «Wir versuchen nicht gegen, sondern mit der Evolution zu arbeiten», erklärt Diard. «Mikroben sind wahre Anpassungskünstler. Sie verändern sich sehr schnell und finden immer wieder Wege auch mit widrigen Lebensumständen zurechtzukommen. Die Bakterien können die Langzeitfolgen ihrer Anpassungen jedoch nicht abschätzen. An dieser Schwachstelle setzt unsere Impfung an.»

Salmonella Typhimurium kommt bei einer Vielzahl von Tieren im Darm vor. Sie sind mit die häufigste Ursache für Durchfallerkrankungen beim Menschen. Hauptquelle für Salmonellen-Infektionen sind verunreinigtes Wasser und Lebensmittel. Die Erreger entgehen der Immunabwehr im Darm, indem sie die Moleküle an ihrer Oberfläche ständig modifizieren. Das Immunsystem kann damit kaum Schritt halten und die Antikörper, die diese Oberflächenstrukturen erkennen und die Bakterien unschädlich machen, nicht schnell genug produzieren.

Ungefährlichere Salmonella-Varianten durch Impfstoff-Cocktail

«Wir haben Mäuse geimpft und damit die Produktion von spezifischen IgA-Antikörpern gegen eines der Oberflächenmoleküle, das O-Antigen, angeregt», so Diard. «Anschliessend haben wir die O-Antigene von Salmonellen, die sich der Impfwirkung entzogen, genauer untersucht und auf dieser Basis einen Impfstoff-Cocktail hergestellt, der sämtliche O-Antigen-Varianten abdeckt.

Durch die Impfung entwickelten sich Salmonella-Varianten, die, um der Immunantwort zu entkommen, ihr Oberflächenmolekül gänzlich verloren haben.» Das hat jedoch seinen Preis: Ohne ihr O-Antigen – ein Bestandteil ihres Schutzmantels – sind die Erreger anfälliger für Stress und weniger vor Angriffen durch Viren, die Bakterien befallen, geschützt. Dadurch übertragen sich die Salmonellen weniger gut und sie werden ungefährlicher.

In Tests mit Mäusen konnten die Forschenden zudem zeigen, dass ihr neuer Impfstoff Salmonellen-Erkrankungen wirksamer verhindert als derzeit existierende und für den Einsatz in Schweinen und Hühnern zugelassene Impfstoffe. Die Wissenschaftler planen nun, nach demselben Prinzip Impfstoffe gegen andere Bakterien zu entwickeln, wie zum Beispiel gegen Antibiotika-resistente Krankheitserreger. Ausserdem ist es denkbar, den Ansatz biotechnologisch zu nutzen, um Mikroorganismen mithilfe des erzeugten Selektionsdrucks durch Impfung gezielt zu verändern.

Originalbeitrag:
Médéric Diard,, Erik Bakkeren, Verena Lentsch, Andrea Rocker, Nahimi Amare Bekele, Daniel Hoces, Selma Aslani, Markus Arnoldini, Flurina Böhi, Kathrin Schumann-Moor, Jozef Adamcik, Luca Piccoli, Antonio Lanzavecchia, Beth M. Stadtmueller, Nicholas Donohue, Marjan W. van der Woude, Alyson Hockenberry, Patrick H. Viollier, Laurent Falquet, Daniel Wüthrich, Ferdinando Bonfiglio, Claude Loverdo, Adrian Egli, Giorgia Zandomeneghi, Raffaele Mezzenga, Otto Holst, Beat H. Meier, Wolf-Dietrich Hardt and Emma Slack. A rationally designed oral vaccine induces immunoglobulin A in the murine gut that directs the evolution of attenuated Salmonella variants. Nature Microbiology, published online 27 May 2021

Kontakt: Kommunikation