Das Biozentrum trauert um Prof. em. John Nicholls, der am 13. Juli 2023 im Alter von 94 Jahren verstorben ist. Es verabschiedet sich damit von einem Vorreiter der neurobiologischen Forschung und einem engagierten und leidenschaftlichen Wissenschaftler, der das Institut während 15 Jahren mitgeprägt hat. Mit seinen lebendigen und anschaulichen Vorlesungen und seiner Forschung über das Nervensystem und dessen Regenerationsfähigkeit hat er Generationen von Studierenden und Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler begeistert.
In London am 19. Dezember 1929 geboren, studierte John Graham Nicholls in den 1950er Jahren am Kings College in London Medizin und erlangte seinen Dr.med. am Charing Cross Hospital. Seinen PhD, den er anschliessend im Labor des späteren Nobelpreisträgers Sir Bernhard Katz machte, schloss er im Jahr 1955 im Fach Biophysik am University College London ab.
Während seiner wissenschaftlichen Laufbahn forschte er als Postdoc an der Universität Oxford und der Harvard Medical School. Ab 1965 hatte er Professuren an verschiedenen renommierten Universitäten wie Harvard, Yale und Stanford inne. 1983 folgte er dem Ruf der Universität Basel und lehrte und forschte bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1998 am Biozentrum als Professor für Pharmakologie. Seine Forschungsjahre in Basel waren äusserst erfolgreich und produktiv. So entstanden in dieser Zeit grundlegende Arbeiten zur Vernetzung von Neuronen, der synaptischen Übertragung, zur Bildung des respiratorischen Reflexes, die Entstehung des Atemrhythmus sowie der Regeneration von Nervenzellen im Rückenmark nach Verletzungen. Der Erfolg spiegelte sich auch in internationalen Auszeichnungen wider. So wurde Nicholls 1988 zum Mitglied der britischen Royal Society ernannt und erhielt für seine Verdienste mehrere Ehrendoktorate.
Seine Verabschiedung in den Ruhestand war für ihn kein Abschied von der Wissenschaft. Vielmehr schlug er ein ganz neues Kapitel auf: Als Professor für Neurowissenschaften führte er fortan seine Forschungen an der International School for Advanced Studies (SISSA) in Triest weiter. Da die Lehre für Nicholls schon immer eine Herzensangelegenheit war, übernahm er auch nach seiner Emeritierung weltweit Lehraufträge, unter anderem an Universitäten in Afrika, Asien und Lateinamerika. Zudem hat er sich zeitlebens für die Förderung talentierter Studierenden und Forschenden, die nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügten, eingesetzt. Ihm zu Ehren wurde das IBRO Fellowship-Programm für Studenten aus Entwicklungsländern nach ihm benannt. Im Jahr 2010 wurde er für sein lebenslanges Engagement mit dem «Prize for Education in Neuroscience» der «Society for Neuroscience» ausgezeichnet.
In seiner mehr als 50jährigen Karriere hat John Nicholls die Neurowissenschaften als begeisterter Forscher und Förderer massgeblich vorangetrieben und sich einen Namen in diesem Fachgebiet gemacht. Seine Arbeiten waren von zentraler Bedeutung für die Entwicklung und den Einsatz wirbelloser Modellsysteme in der neurowissenschaftlichen Forschung. Als Hauptautor des Buches „From Neuron to Brain“, welches 2012 bereits in der fünften Auflage erschien, bündelte er die Erkenntnisse jahrzehntelanger neurobiologischer Forschung. Und in seinem erst vor wenigen Jahren herausgegebenen autobiographischen Buch “Pioneers of Neurobiology: My Brilliant Eccentric Heroes” schaut er mit einem sehr persönlichen und humorvollen Blick auf die Neurobiologie und ihre Protagonisten, mit einigen von ihnen war er freundschaftlich verbunden.
Mit John Nicholls verliert die Wissenschaftsgemeinschaft und das Biozentrum eine besondere Persönlichkeit mit ausserordentlicher Verantwortung und tiefer Menschlichkeit. An seine Verdienste in Lehre und Forschung wird sich das Biozentrum und die Universität Basel auch weiterhin in Dankbarkeit erinnern.
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