Zellen sind zwar durch eine Membran von der Aussenwelt abgetrennt, können aber dennoch sehr gut wahrnehmen, was um sie herum passiert. Sie fangen Hormone und Nährstoffe wie Zucker, Eisen oder Cholesterin ein, und bringen diese in Bläschen verpackt ins Innere der Zelle. Ebenso werden nicht mehr benötigte oder schadhafte Proteine auf diese Weise entsorgt. Bakterien und Viren lassen sich sogar «fressen», um auf diesem Wege ins Innere der Zelle zu gelangen und sie zu infizieren.
Das Einschleusen von Material wird auch als Endozytose bezeichnet. Dieser Vorgang findet in jeder Zelle statt und ist absolut lebensnotwendig. Das Team von Prof. Anne Spang vom Biozentrum der Universität Basel untersucht seit langem, wie Zellen die molekulare Fracht aufnehmen, sortieren, recyceln oder abbauen. «Oftmals scheiterte es an den technischen Voraussetzungen, um einzelne Schritte oder die Dynamik des Prozesses bis ins Detail aufzuklären», sagt Anne Spang. «Für dieses Problem haben wir nun eine einfache und zudem kostengünstige Lösung gefunden.» Veröffentlicht sind die Ergebnisse in «eLife».
Aufnahme und Transport von zellulärer Fracht
Bei der Endozytose stülpt sich die Membran um das aufzunehmende Material, schnürt sich ab und bildet ein Bläschen. Dieses gefüllte Vesikel verschmilzt im Zellinneren mit winzigen Organellen, den frühen Endosomen. Hier wird der Inhalt sortiert, Einiges geht zurück an die Zellmembran, andere Bestandteile können recycelt werden oder ist unbrauchbar und muss abgebaut werden. Dies alles geschieht im Zuge der Reifung vom frühen zum späten Endosom. Die späten Endosomen fusionieren schliesslich mit dem Lysosom, welches Enzyme enthält, die die verbliebenen Abfallstoffe verdauen. Auf diese Weise erneuert die Zelle ihre Membran ständig selbst und entledigt sich zugleich der Altlasten.
Vergrösserte Endosomen im Mikroskop sichtbar
Die Endosomen sind etwa 200 bis 250 Nanometer gross, in etwa so klein wie Viren. Das macht es so schwierig, sie zu sehen und zu untersuchen, denn die Auflösung der gängigen Mikroskope reicht dafür nicht aus. «Wenn man sich die Reifung und Dynamik der Endosomen genauer anschauen wollte, musste man bisher auf technisch anspruchsvolle, super hochauflösende Mikroskope zurückgreifen», sagt Spang. «Wir haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem wir die Endosomen künstlich vergrössern können. Dadurch sind sie besser sichtbar und lassen sich mit einem ganz normalen Mikroskop ohne spezielle Zusatzfunktionen beobachten.»
Grössere Endosomen durch Stress
In ihrem Assay setzen die Forschenden die Zellen mit einer chemischen Substanz unter Stress, welche als Reaktion darauf grössere Endosomen bilden. Um dieses Verfahren in der Forschung nutzen zu können, war es wichtig zu überprüfen, ob sich die künstlich vergrösserten Endosomen genauso wie die Endosomen in nicht behandelten Zellen verhalten. Und tatsächlich durchlaufen sie den normalen Zyklus der Reifung vom frühen über das späte Endosom bis hin zum Verschmelzen mit den Lysosomen.
«Mit unserer Methode haben wir auch zum ersten Mal zeigen können, dass die Reifung der Endosomen mit einer zunehmenden Ansäuerung des inneren Milieus gekoppelt ist», sagt Spang. «Wir wissen noch nicht, wie die beiden Prozesse koordiniert werden, aber wir haben jetzt ein gutes System, um uns dies genauer anzuschauen.» Zukünftig möchte Spang’s Team vermehrt einen Blick auf die Lysosomen werfen, wo nicht recycelbare Reste wie zum Beispiel schadhafte Proteine verdaut werden. Was mit dem Zellmüll passiert, wie sich die Lysosomen beim Entsorgen des Abfalls verändern, wieder regenerieren und in den Kreislauf zurückgelangen, sind nur einige offene Fragen.
Originalpublikation:
Maria Podinovskaia, Cristina Prescianotto-Baschong, Dominik P. Buser and Anne Spang. A novel live cell imaging assay reveals regulation of endosome maturation. eLife; published online 30 November 2021
Kontakt: Kommunikation, Katrin Bühler