Das Biozentrum trauert um Joachim Seelig, emeritierter Professor für Strukturbiologie und ehemaliger Obmann des Departments Biozentrum. Joachim Seelig verstarb am 15. August 2024 im Alter von 82 Jahren. Mit ihm verliert das Biozentrum nicht nur einen herausragenden Wissenschaftler, sondern auch einen seiner Gründungsväter, dessen grosses Engagement und visionäre Führung das Institut nachhaltig geprägt haben.
Geboren am 29. März 1942 in Köln, begann Joachim Seelig seine akademische Laufbahn mit dem Studium der Chemie und Physik an der Universität Köln. Von 1966 bis 1968 promovierte er bei Prof. Manfred Eigen am Max-Planck-Institut für Physikalische Chemie in Göttingen, wo er sich mit Modellen der Proteinfaltung beschäftigte. Prof. Manfred Eigen erhielt 1967 den Nobelpreis für Chemie. Während seines Postdoktorats bei Prof. Harden McConnell, Stanford-Universität, begann sein Interesse für Membranen. Im Jahr 1970 wechselte Joachim Seelig ans Institut für Physikalische Chemie der Universität Basel. Zwei Jahre später wurde er als Assistenzprofessor für Biophysikalische Chemie ans Biozentrum berufen. Von 1982 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2012 forschte und lehrte Joachim Seelig als ordentlicher Professor für Strukturbiologie am Biozentrum. In seiner Zeit als Obmann des Biozentrums, von 1997 bis 1999 und von 2000 bis 2009, stellte er über zwanzig Professorinnen und Professoren ein und setzte sich mit grosser Leidenschaft und Engagement für die Interessen «seines» Biozentrums ein.
Joachim Seelig war ein Pionier in der biophysikalischen Forschung. Seine grundlegenden Arbeiten zur Struktur und den thermodynamischen Eigenschaften biologischer Membranen bescherten ihm weltweites Renommee. Besonders hervorzuheben sind seine Entwicklungen im Bereich der Elektronenspinresonanz- und Kernmagnetresonanz-Spektroskopie, die wesentliche Einblicke in die Wechselwirkungen von Proteinen und Lipiden ermöglichten. Darüber hinaus war er einer der ersten Wissenschaftler, der die medizinische Bedeutung der Magnetresonanztomographie (MRI) erkannte. Er gründete das erste universitäre MRI-Zentrum der Schweiz und machte die Basler Spitäler mit dieser Methode vertraut. Dies ermöglichte bedeutende Fortschritte in der medizinischen Diagnostik. Die Wissenschaft hat Joachim Seelig sein ganzes Leben begleitet. Noch in den letzten drei Jahren publizierte er zusammen mit seiner Frau, Prof. Anna Seelig, vier Arbeiten und einen Review zur Thermodynamik der Protein-Entfaltung.
Joachim Seelig war ein herausragender Forscher, der über 250 Fachartikel publizierte und für seine wissenschaftlichen Errungenschaften zahlreiche Auszeichnungen erhielt, darunter den Cloëtta-Preis, die Bijvoet-Medaille der Universität Utrecht und «Julian Sturtevant Award for Outstanding Contributions to Experimental Thermodynamics». Zudem war er gewähltes Mitglied der Academia Europaea und der Königlichen Niederländischen Akademie der Künste und Wissenschaften sowie der Europäischen Organisation für Molekularbiologie (EMBO).
Als Mitglied im Forschungsrat des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) hat Joachim Seelig über viele Jahre die Schweizer Forschungslandschaft aktiv mitgestaltet und sich in diesem Amt insbesondere auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs eingesetzt. So lancierte er 1991 das höchst erfolgreiche «Marie Heim-Vögtlin Programm», das Wissenschaftlerinnen nach familienbedingtem Unterbruch den Wiedereinstieg in die Forschung ermöglichte. Er war Präsident der «Swiss Foundation for Excellence and Talent in Biomedical Research» und etablierte mit grosszügiger Unterstützung der Werner Siemens-Stiftung das renommierte Biozentrum PhD Fellowships Programm.
Zusammen mit Prof. Gian-Reto Plattner initiierte er die Gründung der ETH Zürich in Basel (D-BSSE). Als Mitglied der «Life Sciences Kommission» der Handelskammer beider Basel – der er bis 2017 angehörte – setzte er sich zudem für eine enge Zusammenarbeit zwischen Akademie und Industrie ein. So trug er entscheidend dazu bei, dass der Region Basel ein Schweizer Innovationspark zugesprochen wurde. Dank seiner Verbindungen zur Werner-Siemens-Stiftung gelang es ihm, auch die finanziellen Grundlagen für die Gründung des heutigen «Department of Biomedical Engineering» im Innovationspark einzuwerben. In seiner Funktion als Vorstandsmitglied des Vereins «Schweizer Innovationspark Region Nordwestschweiz» sowie ehrenamtlichen Leiters des Innovationsnetzwerkes «i-net Basel» machte sich Joachim Seelig weiterhin für den Life Sciences Standort Basel stark.
Mit Joachim Seelig verliert das Biozentrum eine aussergewöhnliche Persönlichkeit, einen leidenschaftlichen Forscher und ein Vorbild in der Wissenschaft. Sein unermüdlicher Einsatz und sein diplomatisches Geschick trugen wesentlich dazu bei, das Biozentrum weiterzuentwickeln und ihm zu weltweitem Ansehen zu verhelfen. Joachim Seeligs Engagement, seine visionäre Kraft und seine menschliche Wärme werden uns fehlen. Wir werden ihn in dankbarer Erinnerung behalten und seine Inspirationen weitertragen.
Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und allen, die ihm nahestanden. Die Trauerfeier findet am Dienstag, 27. August 2024, um 15 Uhr in der Predigerkirche in Basel statt.
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