Mit tiefem Bedauern geben wir den Tod von Prof. Heinrich Reichert bekannt. Unser Kollege, Freund und emeritierter Professor für Neurobiologie ist am Donnerstag, den 13. Juni 2019, etwa zwei Monate vor seinem 70. Geburtstag nach einer schweren Krankheit verstorben. Mit seinem Tod hat das Biozentrum einen herausragenden Wissenschaftler, einen engagierten Mentor und einen aussergewöhnlichen Menschen verloren. Heinrich Reichert wird als Inspirationsquelle für seine Kollegen und als engagierter, enthusiastischer und charismatischer Wissenschaftler in Erinnerung bleiben.
Anfang der 1970er Jahre nahm Heinrich Reichert sein Studium der Physik, Chemie und Biologie an der Universität Karlsruhe auf. Gefördert wurde er damals durch die Studienstiftung des deutschen Volkes. Im Anschluss forschte er mit einem Promotionsstipendium der Studienstiftung für drei Jahre am Institut für Genetik der Universität Freiburg im Breisgau und ging danach als Postdoktorand ans Department Psychologie an der Stanford University. 1982 kam er als Assistant Professor ans Zoologische Institut der Universität Basel und kehrte nach einem fünfjährigen Aufenthalt an der Universität Genf als Associate Professor an das selbige zurück. Im Jahr 2006 wurde er zum Ordinarius für Neurobiologie und molekulare Zoologie berufen und wechselte ans Biozentrum. Neben seiner Forschungstätigkeit engagierte sich Heinrich Reichert für den grenzüberschreitenden wissenschaftlichen Austausch. Er war Mitbegründer und Vizepräsident von «Neurex» – einem europäischen Exzellenznetzwerk der Neurowissenschaften.
Mit seiner Forschung auf dem Gebiet der Neurobiologie trug er wesentlich zur Aufklärung wie Hirntumore aus Nervenstammzellen entstehen können bei. Diese Zellen besitzen die bemerkenswerte Fähigkeit, sich über mehrere Reifungsschritte zu einer enormen Anzahl von unterschiedlichen Nervenzellen zu entwickeln. Dass die Entwicklung von der Stamm- zur Nervenzelle nach einem festgelegten molekularen Programm abläuft, war eine bedeutende Entdeckung von Heinrich Reichert. Darüber hinaus identifizierte er wichtige Gene, die für einen korrekten Ablauf des Programms sorgen und zeigte, dass Mutationen fatale Konsequenzen haben. Sie können dazu führen, dass sich Stammzellen unkontrolliert teilen, beziehungsweise, dass sich gereifte Vorläuferzellen in Stammzellen zurückverwandeln. Diese sogenannten Krebsstammzellen gelten als Ursprung für Hirntumore. Wichtige Grundlage für diese Entdeckungen war die Entwicklung neuer Methoden, mit denen die Forscher Nervenstammzellen in grosser Menge und hoher Reinheit gewinnen und genetische Veränderungen aufspüren konnten. Seine Erkenntnisse sind ein Meilenstein auf dem Weg zu neuartigen Strategien, um künftig Hirntumore zu verhindern oder rückgängig zu machen.
Seine Emeritierung im Jahr 2015 war für Heinrich Reichert kein Grund aufzuhören. Er lebte fast die Hälfte des Jahres in Indien und betreute Doktoranden, hielt Vorlesungen in Kambodscha und lehrte Meeresbiologiekurse in Frankreich. In einem der letzten Interviews verriet Heinrich Reichert, dass sein Herz immer für die Wissenschaft geschlagen hat: «Ich bin ein wissenschaftlicher Hedonist. Ich mache Wissenschaft, weil es mir Freude bereitet.»
Kontakt: Kommunikation, Katrin Bühler