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Von einer, die auszog…

Mai 2014

Sie hat den grossen Schritt ins Ungewisse gewagt. Biozentrum Alumna Nadine Cybulski ist vor fast drei Jahren nach Kanada ausgewandert. Ohne Job, ohne Pläne, einfach so! Warum sie sich ausgerechnet für Kanada entschieden hat und wie sie zum Medical Writer in einer Kommunikationsagentur geworden ist, verrät die promovierte Biochemikerin im Interview.

Warum ausgerechnet Kanada?

Ich habe das Glück, neben der Schweizer, auch die kanadische Staatsbürgerschaft zu haben. Deshalb habe ich schon von klein auf eine Verbindung zu Kanada gehabt. Während meiner Doktorarbeit hat sich schliesslich die Idee eingenistet, dass ich dort auch einmal leben und arbeiten könnte. Letztlich war aber mein Partner die treibende Kraft, da sein Arbeitgeber auch in Montreal ein Büro hat, und er einen Standortwechsel arrangieren konnte. 

Sie sind also einfach dorthin ausgewandert, ohne Job oder sonstige feste Pläne? 

Ja. In vielerlei Hinsicht war es ein Schritt ins Ungewisse, aber ich bin stets zuversichtlich gewesen, dass ich schon einen Job finden werde. Immerhin musste ich mich nicht um eine Arbeitserlaubnis kümmern. Denn ohne Job bekommt man diese nicht so schnell, und ohne Arbeitserlaubnis findet man nur schwer einen Job. 

Wie schwierig war es, frisch nach dem PhD eine Stelle in Kanada zu finden?

Ich bin nicht gleich nach meinem Abschluss nach Kanada, sondern habe vor meinem Umzug noch ein knappes Jahr bei Straumann in Basel gearbeitet. Die Stelle dort gefiel mir sehr gut und es fiel mir deshalb nicht einfach, sie so schnell wieder aufzugeben. Ich hatte aber das grosse Glück, dass ich in den ersten Monaten nach dem Umzug auch weiterhin für Straumann als Freelancer arbeiten konnte. Somit war der Druck nicht so gross, sofort eine Stelle finden zu müssen. Als ich dann ernsthaft mit der Stellensuche anfing, ging es relativ schnell. Anfangs hatte ich andere Berufsvorstellungen als in der medizinischen Kommunikation zu arbeiten. Als ich in den ersten Wochen jedoch keine Rückmeldungen auf meine Bewerbungen erhielt, habe ich sehr bald meinen Suchhorizont erweitert. Dann erhielt ich ein Stellenangebot bei A.D.A.M., einer medizinischen Kommunikationsagentur, und habe zugesagt.

Mittlerweile sind Sie Managing Editor bei A.D.A.M. Was macht man in dieser Position? 

A.D.A.M. stellt hauptsächlich Online-Lernprogramme für Pharmafirmen her, die diese für das Training ihrer Verkäufer nutzen. Als Medical Writer musste ich die gesamte Literaturrecherche machen und zu den vorgegebenen Themen ein Manuskript schreiben. Sobald der Kunde dem Inhalt zustimmt, stellt unser Produktionsteam das fertige Produkt her, das sowohl den visuellen als auch den auditiven Lerntyp anspricht. Als Managing Editor bin ich nun für mehrere Projekte gleichzeitig verantwortlich und stelle sicher, dass der medizinische Inhalt akkurat und den Bedürfnissen des Kunden angepasst ist.  

Was haben Sie vom Biozentrum mit auf den Weg genommen?

Meine Doktorarbeit am Biozentrum war eine sehr intensive Zeit und ich habe mich während dieser Zeit persönlich weiter entwickelt und vieles gelernt! Mittlerweile denke ich gerne an die Zeit zurück, auch wenn es nicht immer einfach war! Auch heute noch besuche ich regelmässig die Biozentrum-Webseite und verfolge auch immer wieder die neuesten Publikationen von Mike Hall, meinem Doktorvater, denn fünf Jahre Forschung gehen nicht spurlos an einem vorbei.  

Inzwischen sind Sie eher im medizinischen Umfeld unterwegs. Wie aufwändig war es, sich einzuarbeiten und was ist der Vorteil einer wissenschaftlichen Karriere für die Arbeit als Medical Writer?

Ich denke, jeder Schritt in die Industrie erfordert ein gewisses Einarbeiten. Aber ich glaube eine wissenschaftliche Karriere, wenn auch nicht unbedingt ein PhD, ist als Medical Writer notwendig, um medizinische, aber auch biologische Zusammenhänge verstehen und analysieren zu können. Als Medical Writer muss man wissen, wo man die nötige Literatur findet und schliesslich fähig sein, komplexe Inhalte für das entsprechende Zielpublikum vereinfacht wiederzugeben. Literaturrecherchen auf online-Datenbanken und das Schreiben von Publikationen sind ein wesentlicher Teil einer Doktorarbeit und diese zwei Aufgabenbereiche sind auch die Hauptaufgaben als Medical Writer.

Vom  Labor- an den Schreibtisch: Vermissen Sie das Experimentieren und die Freiheit des Forschens?

Nicht wirklich. Dadurch, dass ich sehr viele Projekte habe, lerne ich auch ständig etwas Neues an medizinischem Wissen dazu. Ich habe zwar immer sehr gerne geforscht und experimentiert, aber schliesslich fehlte mir die Leidenschaft dafür, um weiterzumachen. Und trotzdem, wenn ich in meiner jetzigen Arbeit einen Text zu mTOR lese, wird es mir immer noch warm ums Herz.  

Sie haben am Programm „Women into Industry“ (WIN) der Universität Basel teilgenommen. Hier bot sich die Möglichkeit, einen Einblick in die Arbeitswelt der Pharmaindustrie zu erhalten. Hat WIN Ihre Entscheidung die Universität zu verlassen mit beeinflusst?

Ich habe schon vor dem Mentoring-Programm mit dem Gedanken gespielt, in die Wirtschaft zu wechseln. WIN hat mir insofern dabei geholfen, indem es mir erlaubte einen deutlich besseren Überblick über all die verschiedenen Berufsmöglichkeiten zu verschaffen, die man als Universitätsabgänger in der Wirtschaft hat.

Seit knapp drei Jahren leben Sie nun in Montreal. Wie gut haben Sie sich eingelebt und wie schnell kommt man mit Einheimischen in Kontakt?

Inzwischen habe ich mich sehr gut eingelebt, aber an die langen Winter werde ich mich vermutlich nie gewöhnen! Zur Zeit ist Montreal ganz klar mein zu Hause. Die Einheimischen sind im Alltag sehr offen und herzlich, aber mein Freundeskreis besteht doch hauptsächlich aus anderen Expats. 

Im Vergleich zu Montreal mit seinen ca. 1.5 Millionen Einwohnern ist Basel ein Dorf. Was hat die Millionenstadt alles zu bieten und was ist ähnlich zu Basel?

Montreal bietet sehr vieles an Kultur, Museen und sonstigen Aktivitäten, vor allem im Sommer. Dann reiht sich zum Beispiel ein Open-air Festival an das andere. Die Stadt ist ausserdem sehr multikulturell. Orthodoxe Juden wohnen neben jungen Hipstern im gleichen trendigen Viertel und je nach dem auf was man Lust hat, geht man eben im indischen, italienischen, chinesischen, oder portugiesischen Viertel essen! Französische Küche findet man selbstverständlich auch in der ganzen Stadt. Kulinarisch habe ich hier also bei weitem noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Aber schlussendlich ist Montreal doch auch sehr überschaubar und im Sommer kann ich fast alles mit dem Fahrrad erreichen, was ich in Basel das ganze Jahr über gemacht habe und auch jetzt noch sehr schätze!

Zurück zur Schweiz: Wie halten Sie den Kontakt in die Heimat und denken Sie manchmal an eine Rückkehr?

Ich kehre jedes Jahr zur Weihnachtszeit zurück, um meine Familie und engsten Freunde wiederzusehen. Es ist nicht immer einfach so weit entfernt zu sein, aber das ist wohl Teil des Vertrages, wenn man in die Ferne zieht. Aber dank des Internets bin ich regelmässig mit meiner Familie in Kontakt und auch stets über aktuellste Schweizer Nachrichten informiert. Trotzdem, ich denke schon hin und wieder an eine Rückkehr, nicht unbedingt in die Schweiz, aber immerhin nach Europa. 
 

Lebenslauf
Nadine Cybulski schloss ihr Studium der Biochemie und Molekularbiologie mit einem Master an der ETH Zürich ab. Von 2005 bis 2009 promovierte sie in der Forschungsgruppe von Prof. Michael N. Hall am Biozentrum über den Einfluss des Proteins mTOR (mammalian Target of Rapamycin) auf den Energiestoffwechsel. Im Anschluss an ihren einjährigen PostDoc in der gleichen Gruppe wechselte sie zur Basler Zahnimplantatfirma Straumann, wo sie zunächst als Clinical Affairs Associate und nach ihrem Wegzug nach Montreal, Kanada, als Freelance Medical Writer arbeitete. Seit 2011 ist sie bei der kanadischen Kommunikationsagentur A.D.A.M. angestellt und entwirft dort Konzepte und medizinische Inhalte für Lernsoftware, spezifisch für Pharmafirmen.